„Zukunftsregion Westmünsterland“: Ein Interview mit Tatjana Lanvermann (UFH)

Unternehmerfrauen im Handwerk zu vernetzen, ihre Rolle durch Weiterbildung zu stärken und ihre Interessen zu vertreten – diesen Aufgaben widmet sich der 1990 gegründete Landesverband der Unternehmerfrauen Nordrhein-Westfalen, kurz UFH. An seiner Spitze steht eine Frau aus Marbeck: Tatjana Lanvermann, 43, Mutter von drei Kindern und Partnerin ihres Mannes bei der Leitung der Firma Lanvermann, die Arbeiten rund um Heizung, Sanitär, Lüftung und Klima anbietet.„Unternehmerfrauen im Handwerk leisten wichtige Arbeit“, weiß die Marbeckerin durch unzählige Gespräche mit anderen Mitunternehmerinnen. Handwerksbetriebe seien häufig Familienbetriebe, die Mitarbeit der Ehefrau sei oft selbstverständlich. „Viele Frauen im Handwerk unterstützen ihre Partner in der Geschäftsführung, kümmern sich um Personalangelegenheiten, erledigen die Telefonkorrespondenz, machen die Buchhaltung, betreiben Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Ihre Männer wissen, was sie an ihnen haben. Aber in der Öffentlichkeit findet ihre Rolle nicht immer die Wertschätzung, die sie verdient“, berichtet Tatjana Lanvermann, und auch nicht alle Frauen würden entlohnt. Hier setze der Verband an.

„Als die UFH vor 23 Jahren gegründet wurden, gab es beispielsweise keine Sozialleistungen, keine Vollmacht oder Unterschriftberechtigung für die Unternehmerfrau. Das haben die UFH geändert“, erklärt die Marbeckerin. Der Bundes- und der Landesverband übernehmen die politische Interessenvertretung, leisten aber auch Arbeit nach innen. In NRW gebe es allein 25 regionale Arbeitskreise, in denen Schulung, Aufklärung über rechtliche Fragen, Marketing und Neuerungen sowie ein reger Austausch stattfinde, so Lanvermann. 900 Frauen sind im Landesverband organisiert, bundesweit sind es über 8000.

Wie kam Tatjana Lanvermann zur Organisation? Bei der Beantwortung der Frage muss die Marbeckerin ein wenig ausholen. „Eigentlich bin ich gelernte Hauswirtschafterin und hatte das Berufsziel Ökotrophologin vor Augen.“ Mit der Heirat änderte sich plötzlich die Perspektive, wie bei vielen Unternehmerfrauen im Handwerk. Denn irgendwann sollte Ehemann Dirk den elterlichen Sanitärbetrieb übernehmen. Tatjana Lanvermann machte Nägel mit Köpfen und absolvierte eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau. „Als mein Mann die Meisterschule in Stuttgart besuchte, ging ich mit und fand eine Anstellung im Großhandel. Von diesen Erfahrungen habe ich später viel profitiert“, schaut die Unternehmerfrau zurück.

Zurück in Marbeck arbeitete sich das Ehepaar in den Betrieb ein. „Kurz vor der Geburt des dritten Kindes hatte ich dann eine Einladung zum hiesigen Arbeitskreis der UFH im Briefkasten. Mir war immer der Austausch mit anderen wichtig und so bin ich damals zu meinem ersten Treffen gegangen“, erzählt Lanvermann. Schnell wurde sie in den Vorstand gewählt, machte sechs Jahre lang die Pressesprecherin. Über die damalige Arbeitskreisvorsitzende Diana Brömmel kam sie zum Landesverband, wurde dort 2008 zur 2. Vorsitzenden gewählt und übernahm im vergangenen Jahr dann den Landesvorsitz. „Mir hat immer der Input gefallen, den man aus dem Landesverband bekam“, sagt die Marbeckerin. Heute sorgt sie selbst dafür, das Unternehmerfrauen Anstöße bekommen, sich weiterbilden und orientieren können. Und sie kämpft auf politischer Ebene für die Anerkennung der Rolle der Unternehmerfrau im Handwerk.

Kommt bei der ehrenamtlichen Arbeit noch etwas mehr herum als nur Ehre und Arbeit? „Ja“, sagt Tatjana Lanvermann, „der Nutzen für die tägliche Arbeit im Betrieb ist sehr groß. Ich kann vieles ausprobieren und die Anstöße helfen bei der täglichen Entscheidungsfindung. Insgesamt sind wir so zu einer professionelleren Betriebsführung gekommen.“

Quelle: Borkener Zeitung (Beilage mit dem Titel „Zukunftsregion Westmünsterland“) erschienen am 06.Juni 2012