Krisen in der Ausbildung vermeiden

PRÄVENTION: Ein Projekt zweier Kreishandwerkerschaften im Münsterland in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit soll dabei helfen, Konflikte in der Lehrzeit zu lösen

Ein Beispiel aus dem betrieblichen Alltag:

Der Ausbilder ist mit den Leistungen des Lehrlings nicht zufrieden, das Vertrauen ist gestört. Eine weitere Szene: Ein junger Mann fühlt sich überfordert, es gibt Streit mit anderen Lehrlingen, man macht sich gegenseitig Vorwürfe, die Situation droht zu eskalieren. Solche und ähnliche Fälle sollen künftig ganz gezielt durch professionelle Unterstützung zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst werden. Dazu gibt es ein bundesweit einmaliges Projekt, das sich an Lehrlinge ebenso wendet wie an Betriebsinhaber beziehungsweise Ausbilder. Der etwas sperrige Name: „Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen und Abbrüchen betrieblicher Qualifizierungsmaßnahmen durch eine Assistenz“.

Die Aufgabe: Es soll vermieden werden, dass junge Leute ihre Ausbildung abbrechen, wenn es – aus ganz unterschiedlichen Gründen – im Betrieb zu Krisen oder Konflikten kommt. „Und deshalb sprechen wir mit allen Beteiligten, um eine Lösung zu finden“, erläutert Verena Kuper. Sie ist Ausbildungsassistentin (Coach) in dem Projekt, das die Kreishandwerkerschaften Borken (federführend) und Coesfeld im Münsterland in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Coesfeld durchführen. Fördermittel kommen von der Agentur, aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und vom NRW Arbeitsministerium. „Wir wollen erreichen, dass der Anteil vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge, der zurzeit bei über 20 Prozent liegt, erheblich reduziert wird“ – das erwartet Christoph Bruns, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft (KH) Borken, von dem Projekt.

Im Kern gehe es darum, den Bedarf an Fachkräften insbesondere in den kleinen und mittleren Betrieben zu sichern, betont der Hauptgeschäftsführer der KH Coesfeld, Dr. Michael Oelck: „Es lohnt sich, dass wir uns für jeden Auszubildenden einsetzen.“ Deshalb sei eine konsequente Unterstützung notwendig. Denn, so Oelck, es solle keiner so utopisch sein, zu glauben, dass es in der Ausbildung keine Probleme gebe. Diese Probleme liegen nicht nur darin begründet, dass eine junge Frau oder ein junger Mann die falsche Berufswahl trifft, weiß die Leiterin der Agentur für Arbeit in Coesfeld, Barbara Ossyra. Oft stimmten auch die Rahmenbedingungen nicht. Dann werde als Grund für den Abbruch der Ausbildung „falsche Berufswahl“ genannt. In den Betrieben müsse deshalb ein Nachdenkungsprozess darüber einsetzen, wo die Ursachen von Problemen liegen könnten, ergänzt Bruns. Das Projekt betrachte die Interessen beider Seiten.

Fachkräfte aus beiden Kreishandwerkerschaften sind in dem Projekt engagiert, das Ende 2013 gestartet ist und bis Mitte 2015 läuft. Juliane Crefeld hat die Erfahrung gemacht, „dass meistens die Betriebe auf uns zukommen.“ Bemängelt wird etwa häufiges Fehlen von Lehrlingen, Unzuverlässigkeit und geringe Motivation. Die Probleme der Lehrlinge: Über- oder Unterforderung, private Krisen, mangelndes Verständnis der Vorgesetzten und Kollegen. Da müsse man sich vorsichtig herantasten, sagt Dorothee Schütter vom Projektteam, wichtig sei es, die Kommunikation zu stärken, um Konflikte zu vermeiden. Das bestätigen Elisa Reichelt und Silvia Ringkamp aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen. Über den guten Start freut sich auch die Leiterin der Regionalagentur Münsterland, Julia Roesler: „Die Fördermittel in diesem Projekt sind gut angelegt.“ In rund 90 Fällen kümmern sich die Fachkräfte in beiden Kreisen um Ausbildungssituationen, in denen es Konflikte gibt. In 42 Fällen ging der Wunsch nach Beratung von den Betrieben aus. Über das Projekt sind die Berufskollegs informiert, die Lehrlingswarte sind angesprochen worden, die Ausbildungs-Fachkräfte gehen in Innungsversammlungen. Es wird ein Seminar für künftige Lehrlinge zur Vorbereitung auf die Ausbildung geben. Die beiden eingangs skizzierten Situationen konnten zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst werden – die Ausbildungsverhältnisse wurden danach fortgesetzt.

Quelle: VON HUBERTUS KOST, „Deutsches Handwerksblatt“